Warum ich mein Mehl selber mahle
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2020 kam ich das erste mal dazu, Mehl selbst zu mahlen, nachdem ich mich neun Monate zuvor vegan ernährt hatte. Völlig „unterernährt“ von sämtlichen veganen Fleisch-Ersatzprodukten, über deren Inhaltsstoffe ich mir damals überhaupt nicht im Klaren war, brauchte ich dringend eine Lösung, wieder fit zu werden. Denn ich „verhungerte sozusagen vor vollen Tellern“.
Wie ihr wisst, grabe ich gerne gaaanz tief, wie Dinge früher angepackt wurden, um festzustellen, ob die moderne Technik oder das heutige Wissen tatsächlich sinnvoller sind als damals - oder eben auch nicht.
So recherchierte ich auch ursprüngliche Ernährungsmethoden und stieß immer wieder auf die Vollwertkost nach Dr. Bruker. Vielleicht auch, weil das Bruker-Haus in Lahnstein ganz in der Nähe ist von dem Ort, wo wir zuletzt wohnten bevor wir auswanderten. Obwohl ich Onlinekurse & Hörbucher bevorzuge, bestellte ich mir dann doch sein Buch "Unsere Nahrung - unser Schicksal" und saugte es förmlich auf. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen.
DIESES Lebensmittel fördert Zivilisationskrankheiten:
Dr. Bruker berichtete von den typischen Zivilisations-Krankheiten wie Allergien, Gebissverfall, Karies, Parodontose, Rheuma, Bandscheibenschäden, Fettsucht, Diabetes, Gallensteine, Nierensteine, Gicht, Verstopfung, Herzinfarkt, Schlaganfall, Thrombosen, Blasenentzündungen, Anfälligkeit für Erkältungen usw., die einfach als altersbedingt abgestempelt werden, stattdessen aber ernährungsbedingt sind. Das Erschreckende: es liegt hauptsächlich an einem Lebensmittel, das wir täglich konsumieren und von dem ich niemals dachte, dass es DAS anrichten kann.
Wie entstand das Auszugsmehl (Weißmehl)?
Von Anfang an war die Ernährung in allen Kulturen naturbelassen, genauso auch das Mehl zum Brotbacken. Das ganze Korn, inklusive der Randschichten und des Keims, wurde frisch gemahlen und direkt im Anschluss gebacken.
Als im 19. Jahrhundert die Großstädte anfingen zu wachsen, entstanden die ersten Versorgungsprobleme. Frisch gemahlenes Mehl wurde nach wenigen Wochen ranzig und war daher nicht lange lagerfähig. Also sollte eine vermeintlich bahnbrechende Entdeckung die Lösung schaffen: Mehl haltbar zu machen!
So packte man die "Wurzel des Übels" am Schopf – und entfernte den ölhaltigen Keim. Die sogenannte Mehlkonserve war geschaffen und weiße Brötchen wurden plötzlich zum Statussymbol der wohlhabenden Oberschicht.
Diese Revolution ermöglichte es, Mehl lange zu lagern und über große Distanzen zu transportieren. Eins muss man ihm lassen: Es kann besser verarbeitet werden, denn es ist fein und homogen, was es für die Herstellung von Backwaren besonders geeignet macht. Es hatte jedoch fatale Auswirkungen. Mit dem Getreidekeim entfernte man nämlich auch das Vitamin B1, das für den Kohlenhydratstoffwechsel unverzichtbar ist sowie alle anderen Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Enzyme, ungesättigten Fettsäuren, Aromastoffe und Ballaststoffe. Das sogenannte Auszugsmehl ist ohne den Keim ein nahezu totes Mehl!
Ist Weißmehl schädlich?
Um herauszufinden, welchen Einfluss Weißmehl auf den Körper hat, führten Wissenschaftler Experimente mit Ratten durch. Eine Gruppe Ratten bekam Auszugs-Mehl zu fressen, die andere Gruppe bekam Mehl aus frisch gemahlenem Getreide aufgetischt. Die Ratten mit dem frischen Mehl blieben gesund, wuchsen und vermehrten sich. Die Ratten, die nur Weißmehl bekamen, starben allerdings nach 5-6 Wochen.
Warum wir Menschen nicht direkt an Weißmehl sterben, sondern „nur krank“ werden, liegt laut Experten daran, dass wir nicht NUR Weißmehl zu uns nehmen. Professor Kollath fand in weiteren Versuchen heraus, dass allein schon der Mangel an Vitamin B1 (das vor allem im Getreidekeim steckt), alle möglichen ernährungsbedingten Zivilisationskrankheiten auslösen kann. Nur eben nicht von heute auf morgen, sondern als schleichender Prozess: Was bei einer Ratte ein Jahr dauert, dauert beim Menschen etwa 30 Jahre.
Fakt ist, dass die Degeneration verhindert oder zumindest verlangsamt werden kann – und hier kommt Vollwertkost ins Spiel.
Was ist Vollwertkost?
Sie basiert auf dem Prinzip, möglichst natürliche, unverarbeitete Lebensmittel zu konsumieren. Im Mittelpunkt steht die Idee, 4 Dinge täglich zu essen:
- (frisch gemahlene) Vollkornprodukte: sie enthalten alle Teile des Getreidekorns, inkl. der ballaststoffreichen Randschichten und des nährstoffreichen Keimlings.
- ein Frischkorngericht aus 3 EL unerhitztem Getreide: denn im Gegensatz zum Vollkornbrot oder -nudeln besteht Frischkorn aus unerhitztem Getreide.
- Frisches Obst und Gemüse: am besten regional und saisonal.
- Naturbelassene Fette: wie Süßrahm-Butter, Schmand, Bio-Sahne (ohne den Zusatzstoff Carrageen)
uuuuund 4 Dinge zu meiden:
- Auszugsmehl und Produkte daraus
- Fabrikzuckerarten
- raffinierte Fette
- Säfte & gekochtes Obst (gilt vor allem für Leber-, Galle-, Magen-& Darm-Empfindliche.)
Wie wird das Getreide gemahlen?
Ich bewunderte die Ladies aus der Vollwert-Szene, die ihr Getreide frisch mit ihrer Getreidemühle mahlten. AUCH wusste ich, dass es Sinn macht zu testen, ob Getreide mahlen langfristig was für uns ist, BEVOR wir uns ein weiteres Küchengerät zulegen, das neben Kaffeemaschine, Thermomix, Toaster & Co. nochmal gute 20 cm2 der Küchenplatte einnimmt.
Also startete ich zuerst, im Thermomix zu mahlen. Es funktioniert zwar nur in jeweils 250g-Etappen auf Stufe 10 und ist SAU laut, aber zum Testen genau das richtige! Nach 6 Monaten ohrenbetäubendem Lärm, entschieden wir – zur Freude der gesamten Nachbarschaft – endlich eine Mühle zu kaufen.
TIPP:
Falls du bereits eine Kitchenaid besitzt, kannst du dir einen Mahl-Aufsatz dafür besorgen. Wenn du WEDER einen Hochleistungsmixer mit Mahlfunktion besitzt, NOCH Bekannte in der Nähe hast, um "Probe-zu-mahlen", schau doch mal im Reformhaus / Alnatura / Bioladen vorbei und achte darauf, ob im Eingang nicht zufällig eine Getreidemühle steht. :-)
In einigen Bio-Shops gibt es nämlich die Möglichkeit, im Laden Getreide zu kaufen und es am Ausgang direkt frisch (und kostenlos) selbst zu mahlen. Kaufe & mahle aber nur die Menge an Getreide, die du anschließend verarbeiten kannst, um möglichst alle Vitalstoffe zu behalten.
Falls du nun auch zum Club der “Selbstmahler” gehören willst, habe ich dir im Folgenden die wichtigsten Infos zusammengefasst:
1. Was ist die beste Getreidemühle?
Es gibt verschiedene Arten von Getreidemühlen: von handbetriebenen bis hin zu elektrischen Mühlen – und auch aus unterschiedlichem Material. Wir haben uns für diese Getreidemühle entschieden: elektrisch, aus Buche Vollholz. Sie hat eine hohe Leistung sowie 10 Jahre Garantie und lässt sich leicht verstellen. Bei einem Modell eines anderen Herstellers hab ich mir nämlich beim Umstellen ewig einen zurechtgefriemelt. Das kleinere Modell der beiden reicht übrigens völlig aus! Falls du eine KitchenAid besitzen solltest, wäre der Mahl-Aufsatz eventuell eine Option für dich.
2. Welches Getreide ist am gesündesten?
Um nicht auf überzüchtetes Getreide "reinzufallen", würde ich dir Urgetreide ans Herz legen. Diese alten Getreidesorten sind häufig nährstoffreicher als moderne Getreidesorten. Zu den Urgetreidesorten gehören z.B. Dinkel, Roggen, Emmer, Einkorn und Khorasan.
Das sind die meiner Meinung nach wichtigsten Urgetreidesorten, die du dir anschauen solltest:
Dinkel ist eine der ältesten Getreidearten. Er ist reich an Magnesium, Eisen und Zink und enthält mehr Proteine und Ballaststoffe als herkömmlicher Weizen. Dinkel hat einen nussigen Geschmack und eignet sich super für Brot, Gebäck und Nudeln.
Khorasan, auch bekannt als Kamut, ist ein altes ägyptisches Getreide aus großen, goldenen Körnern und ist reich an Proteinen, Selen, Zink und Magnesium. Khorasan hat einen süßen, nussigen Geschmack und eignet sich gut für Brot, Pasta und Salate.
Einkorn – nicht zu verwechseln mit dem berühmt berüchtigten EinHorn – kommt aus der Weizen-Familie und ist das älteste bekannte Getreide. Es enthält weniger Gluten als moderner Weizen, ist aber reich an Beta-Carotin, also wichtig für Augen und Haut. Einkorn hat einen milden, nussigen Geschmack und eignet sich gut für Backwaren und Pfannkuchen. Yes, Naschen darf auch gesund sein. :-)
Emmer ist eine der ältesten kultivierten Getreidesorten und war schon im alten Ägypten ein Grundnahrungsmittel. Emmer ist reich an Proteinen, Mineralstoffen und Antioxidantien. Sein Geschmack ist etwas herzhafter und kräftiger als der von Weizen, was ihn ideal für herzhafte Brote und Teigwaren macht.
Roggen ist eine traditionelle Getreidesorte, die besonders gut in kälteren Klimazonen gedeiht. Er enthält viel weniger Gluten als Dinkel oder Weizen und hat einen niedrigen glykämischen Index. Ich selbst mag Roggen geschmacklich nicht und nutze es demnach nicht. Für die Sauerteig-begeisterten unter euch ist es aber sicherlich interessant – und natürlich wie immer Geschmackssache.
Wir haben meist 2 Getreidesorten auf Vorrat, um nach Bedarf mischen zu können. Denn je nachdem ob es Nudeln, Brot, oder Pizza werden soll, ist das eine Getreide empfehlenswerter als das andere bzw. ein gutes Mischverhältnis aus beidem. Gestartet haben wir mit Khorasan und Dinkel. Die 2 Sorten würde ich auch empfehlen und nach und nach kleinere Mengen (1-2 kg) zu testen, um einen Workflow zu entwickeln. Und sobald es fluppt, auf größere Gebinde (25 kg) umzusteigen, da sie einfach günstiger sind.
3. Wo bekomme ich Urgetreide her?
Online könntest du bei Bio-Gewinner bestellen. Alternativ gibt es vielleicht eine Mühle in deiner Nähe, bei der du volles Korn kaufen und den Bauern aus der Region unterstützen kannst.
4. Getreide richtig lagern
Getreide ist bei richtiger Lagerung viele Jahre haltbar, selbst wenn das MHD überschritten ist. Es sollte nicht zu warm gelagert werden. Ideal ist eine kühle Lagerung (unter 20°C), trocken und dunkel, aber nicht im Kühlschrank.
Direkte Sonneneinstrahlung vermeiden, da es den Vitaminen schaden kann. Hier helfen lichtundurchlässige Vorratsbehälter. Wir nutzen zum Beispiel diese Getreidetonne aus Naturkarton, wenn wir einen 25-kg Getreidesack bestellen. Der Vorteil ist, dass sie sich so dicht schließen lässt, dass kein Ungeziefer drankommt. Den gekauften Getreidesack nicht durch ein Gefäß auszutauschen, ist uns schonmal um die Ohren geflogen, als sich Ameisen einen Weg hinein gebahnt haben. Jedoch muss selbst ein schließbares Gefäß keine Garantie dafür sein, dass Ungeziefer fern bleibt.
Wir hatten speziell mit Dinkel den Fall, dass darin mit der Zeit Kornkäfer schlüpfen. Als einer der größten Getreideschädlinge überhaupt befallen sie grundsätzlich auch Roggen, Weizen, Gerste, Mais, Hafer, Reis, Buchweizen & Co. Aber nur bei Dinkel hatten wir bisher den Fall - unabhängig vom Anbieter. Es gibt deutlich angenehmeres als eine lebende Getreidetonne, die entsorgt werden muss. Deswegen würden wir speziell Dinkel nur noch in kleinen Gebinden kaufen (ist aber nur unsere persönliche Erfahrung).
5. Backen und Genießen
Um einfach mal reinzukommen, empfehle ich dir ein einfaches und schnelles Rezept. Für mein "schnellstes Vollwertbrot der Welt" braucht es gerade mal 7 Minuten Vorbereitung - und 1 Stunde backen - ohne dass der Teig vorher gehen muss. Die Communty liebt es seit Jahren!
Verlink mich gern auf Instagram @slowlivingmitlily, und berichte wie du es findest. :-) Viel Freude beim Nachbacken!